In der Ausgabe 2024 des NeuroTransmitter wurde der Artikel „ADHS aktuell – Mythen und Bedenken versus Fakten“ von Dr. Günther Endrass veröffentlicht, der sich mit der häufig übersehenen und missverstandenen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Erwachsenenalter befasst. Dieser Beitrag widerlegt weitverbreitete Mythen und liefert fundierte Fakten zur Prävalenz, Genetik, Diagnostik und Therapie von ADHS bei Erwachsenen.
Prävalenz und Genetik von ADHS bei Erwachsenen
Die weltweite Prävalenz von ADHS bei Erwachsenen liegt bei etwa 2,8%, während sie in Deutschland auf 3-5% geschätzt wird. Diese Zahlen übertreffen die Prävalenz anderer psychiatrischer Erkrankungen wie Zwangsstörungen oder posttraumatischer Belastungsstörungen. ADHS weist eine hohe Heritabilität auf, wobei genetische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen. Besonders Gene, die die Dopaminrezeptoren und -transporter beeinflussen, sind in der Pathogenese von ADHS relevant.
Diagnostik und Komorbiditäten
ADHS bei Erwachsenen ist oft unterdiagnostiziert und unterbehandelt, hauptsächlich aufgrund fehlender Kenntnisse und der Dominanz komorbider Störungen. Bei 70-80% der betroffenen Erwachsenen liegt mindestens eine weitere psychische Erkrankung vor, wie Angststörungen, Depressionen oder Substanzabhängigkeit. Diese Begleiterkrankungen können die zugrunde liegende ADHS überdecken und erschweren somit die Diagnosestellung.
Die Diagnostik von ADHS bei Erwachsenen erfolgt klinisch anhand von Symptomen wie Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit. Hilfreiche Instrumente zur Diagnose sind Fragebögen wie die Homburger ADHS-Skalen für Erwachsene (HASE) und das DIVA-Interview. Im ambulanten Bereich ermöglicht die Kombination der WHO-Screeningskala ADHS mit dem Selbstbeurteilungsfragebogen ADHS-SB eine zuverlässige Diagnose.
Therapieansätze
Eine umfassende Psychoedukation ist ein wesentlicher Bestandteil des therapeutischen Gesamtkonzepts. Bei Erwachsenen erfolgt die Pharmakotherapie als primäre Therapieoption, wobei Amphetamine eine hohe Wirksamkeit zeigen. Methylphenidat (MPH) und Lisdexamfetamin sind gängige Stimulanzien, während Atomoxetin als Nichtstimulanz für spezifische Fälle eingesetzt wird. Die Therapie sollte individuell angepasst werden, wobei die Präferenz der Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden muss.
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz klarer Leitlinien und effektiver Therapiemöglichkeiten bestehen in der Praxis immer noch Herausforderungen. Die Gefahr der Unterdosierung und die Sorge vor Medikamentenabhängigkeit sind häufige Probleme. Ein flexibler Umgang mit der Medikation kann jedoch zur besseren Kontrolle der ADHS-Symptome und zur Stärkung der Eigenverantwortung der Betroffenen beitragen.
Fazit
Der Artikel von Dr. Günther Endrass im NeuroTransmitter 2024 betont die Notwendigkeit einer fundierten Diagnostik und Therapie von ADHS bei Erwachsenen. Er widerlegt gängige Mythen und liefert wertvolle Informationen zur Prävalenz, Genetik und Behandlung dieser oft missverstandenen Störung. Es ist entscheidend, die Sensibilisierung und das Wissen über ADHS im Erwachsenenalter zu fördern, um Betroffenen eine adäquate Versorgung zu gewährleisten.
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