Originally published at: "Recovery ist mehr als Abstinenz – es ist Leben." Warum wir die Gründung von Recovery Deutschland feiern - Wohnzimmer-Neurodivers
Am 27. März 2025 wurde in Leipzig ein neuer Verein gegründet, der genau hinsieht, wo andere wegschauen: Recovery Deutschland e.V.. Sein Anliegen ist es, Menschen zu stärken, die sich in einem Genesungsprozess nach einer Suchterkrankung befinden – also in Recovery leben. Und das bedeutet: nicht nur abstinent sein, sondern sich das eigene Leben zurückerobern – mit Hoffnung, Gemeinschaft und Selbstbestimmung.
Wir im Wohnzimmer Neurodivers feiern diese Gründung. Weil viele von uns wissen, wie eng ADHS, Neurodivergenz und Sucht zusammenhängen. Und weil Recovery für uns keine Theorie ist, sondern oft der einzige Weg raus aus dem Stillstand.
Recovery – sichtbar, lebendig, politisch
Die bundesweite Initiative mit Sitz in Leipzig setzt sich für gesellschaftliche Rahmenbedingungen ein, die zu einem selbstbestimmten Leben in Recovery beitragen. Die Ziele des Vereins sind:
- Recovery als vielschichtigen, individuellen und lebensbejahenden Prozess ins öffentliche Bewusstsein rücken
- Stigmatisierung von Abhängigkeitserkrankungen abbauen
- Menschen in Recovery miteinander vernetzen
- individuelle Genesungsprozesse durch gemeinschaftliche Aktivitäten und Austausch fördern – etwa durch den jährlichen Recovery Walk
Ein zentrales Projekt steht schon jetzt fest: Im September organisiert der Verein den ersten Recovery Walk Deutschlands in Leipzig – ein öffentliches Event von und für Menschen mit Suchtgeschichte, Angehörige, Fachleute und Interessierte. Ziel: Vernetzen, Hoffnung teilen, Stigmatisierung abbauen. So, wie es in Schottland längst Teil einer lebendigen Recovery-Community ist.
Wer Recovery Deutschland gegründet hat
Auf dem Gründungsfoto zu sehen (v. l. n. r.):
Sven Speerforck, Denise Kraft, Georg Schomerus, Mika Döring, Franziska Eichler, Ulrich Zimmermann, Stephan Müller, Florian Lauer, Katrin Fröhlich.
Der gewählte Vorstand besteht aus:
- Mika Mareike Döring (1. Vorsitzende)
- Katrin Fröhlich (2. Vorsitzende)
- Florian Lauer (Schatzmeister)
- Denise Kraft (Schriftführerin)
- Klaus Becker ist Sprecher des wissenschaftlichen Beirats
Warum das auch uns betrifft
Mika Döring hat es bei unserem Webinar im Wohnzimmer Neurodivers ganz offen gesagt – und auch in der Pressemitteilung:
„Als ich mit meiner Alkoholabhängigkeit kämpfte, konnte ich mir nicht vorstellen, wie mein Leben ohne diese Substanz aussehen sollte. Vorbilder gaben mir Hoffnung, dass Genesung nicht nur möglich ist, sondern auch eine Chance sein könnte, mein Leben reicher, schöner und bunter zu machen. Gerade in diesen Zeiten brauchen Menschen Hoffnung, dass positive Veränderungen möglich sind. Das wollen wir mit dem Verein und dem Recovery Walk auf die Straße und in die Köpfe bringen.“
Dr. Georg Schomerus, Professor an der Universität Leipzig und Mitgründer des Vereins, ergänzt:
„Menschen, die eine Abhängigkeit entwickeln, stehen oft unter Druck, ihre Erkrankung geheim zu halten. Und auch im Hilfesystem wird oft noch über die Köpfe von Betroffenen hinweg gesprochen. Dabei zeigt die Forschung, dass Expert:innen aus Erfahrung eine wirkungsvolle Ressource sind, wenn es darum geht, Scham und Stigma abzubauen.“
Wir wollen uns vernetzen
Als Selbsthilfegruppe für ADHS und neurodivergente Erwachsene erleben wir oft: Suchtgeschichten und ADHS hängen zusammen. Impulsivität, Reizüberflutung, das Gefühl, nicht dazuzugehören – viele von uns haben zu Substanzen gegriffen, weil das System keine anderen Lösungen angeboten hat. Und viele wissen, wie hart Recovery sein kann – gerade, wenn Neurodivergenz mitgedacht werden muss, aber niemand sie sieht.
Deshalb wünschen wir uns ausdrücklich eine Vernetzung mit Recovery Deutschland e.V.. Weil wir ähnliche Kämpfe führen. Und weil wir wissen: Recovery gelingt nicht allein – sondern in Gemeinschaft.
Mehr Infos zum Verein:
👉 recoverydeutschland.org